So will ich schweigen by Deborah Crombie
Autor:Deborah Crombie
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: PeP eBook
veröffentlicht: 2010-04-03T22:00:00+00:00
14
Der Getroffene hielt sich den Kopf, taumelte, schwankte und sackte auf dem Teppichboden des Pubs zusammen wie eine alte Stoffpuppe. Er zuckte, stöhnte noch ein letztes Mal auf, und dann rührte er sich nicht mehr.
Der Mörder blickte auf ihn herab, stieß ihn mit der Schuhspitze an, einmal, zweimal, dann hob er die Arme mit dem Knüppel in der rechten Hand über den Kopf und reckte triumphierend die Fäuste in die Luft. Seine zerlumpten Kleider flatterten, als er, das Gesicht immer noch von der Maske verhüllt, einen improvisierten Freudentanz vollführte.
»Einen Arzt!«, rief jemand aus der Menge. »Holt einen Arzt!«
Ein langer, knochendürrer Mann mit einem schwarzen Zylinder schob sich durch die Reihen der Schaulustigen nach vorn, kniete sich neben die Leiche und öffnete seine schwarze Tasche. Aus ihren Tiefen holte er eine Flasche mit Medizin hervor, die verdächtige Ähnlichkeit mit Apfelmost hatte, sowie eine Pille von der Größe eines Tischtennisballs. Der Doktor hielt die Pille zwischen Daumen und Zeigefinger hoch, um sie der Menge zu zeigen. Dann schob er sie zwischen die schlaffen Lippen des Toten.
Eine spannungsgeladene Pause trat ein, alle hielten die Luft an – und dann begann der Tote sich plötzlich zu regen, setzte sich auf und schüttelte sich mit übertriebener Heftigkeit. Er spuckte die Pille aus, nahm einen Schluck aus dem Krug, verdrehte die Augen und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Dann sprang er auf und begann den Mörder mit derselben Keule zu attackieren, die zuvor gegen ihn eingesetzt worden war.
Nach einer wilden Jagd über den kleinen freien Platz in der Mitte des Pubs fiel der Mörder schließlich besiegt auf die Knie, und die Menge brach in Jubel aus. Mörder, Opfer und Doktor verbeugten sich, dann nahm der Doktor mit einer schwungvollen Geste seinen Zylinder ab und ließ ihn herumgehen, während ringsum die Gläser zu klirren begannen.
»Das ist ja barbarisch«, zischte Gemma Kincaid zu, der neben ihr an der Theke lehnte. Sie hatten gerade in der Schlange gestanden, um Getränke zu holen, als das Stück angefangen hatte. Sofort waren alle Gespräche verstummt, und alle Augen hatten sich auf die »Bühne« gerichtet.
Kincaid warf das Wechselgeld, das der Barmann ihm in die Hand gedrückt hatte, in den Hut des Doktors, der gerade bei ihnen vorbeikam, und meinte: »Der Mummenschanz am zweiten Weihnachtstag ist eine altehrwürdige ländliche Tradition. Ich fand die Vorführung eigentlich gar nicht so schlecht.«
Für Gemma bedeutete der zweite Weihnachtstag vor allem Fußball im Fernsehen, und das fand sie dann doch noch etwas zivilisierter als von Pantomimen gespielte Morde, Hooligans hin oder her. Toby, der sich ängstlich an sie geklammert und das Gesicht abgewandt hatte, als der Schurke zuschlug, zupfte an ihrem Hosenbein. »Mami, ist der böse Mann jetzt weg?«
Gemma, die gar nicht gemerkt hatte, dass er echte Angst gehabt hatte, kniete sich schuldbewusst neben ihn und strich ihm durchs Haar. »Ja, mein Schatz. Das war alles nur gespielt – genau wie im Fernsehen oder im Kino. Siehst du, jetzt sind sie wieder Freunde.« Sie deutete auf die Schauspieler, die sich inzwischen an einem Ecktisch angeregt unterhielten, und Toby stellte sich auf die Zehenspitzen, um sie zu sehen.
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